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Alles begann im Jahre 1920, als ein junger russischer Physiker ein höchst merkwürdiges Instrument vorstellte und ihm Klänge wie aus einer anderen Welt entlockte. Das war nichts weniger als die Geburtsstunde der elektronischen Musik. Lev Sergejewitsch Termen hatte das erste funktionsfähige elektronische Instrument entwickelt - das Theremin.
Im Jahre 1957 eröffnete der erfolgreiche Start eines kleinen kugeligen Satelliten den Wettlauf ins All zwischen der USSR und den USA, die von einem regelrechten Sputnik-Schock heimgesucht wurden. Vielleicht ist es kein Zufall, dass im Jahre 1957 in der Musikredaktion des Staatlichen Rundfunks der Sowjetunion eine Institution gegründet wurde, das den Soundtrack zum Space Age lieferte: Das Ensemble elektromusikalischer Instrumente unter der Leitung von Wjatscheslaw Mescherin. Balalaika, Akkordeon und Gitarre klangen plötzlich wie von einem anderen Stern. 1959 bestellte die sowjetische Regierung bei Mescherin eine elektronische Version der Internationale, die an Bord des ersten Sputniks ins All geschossen wurde - außerirdische Reaktionen sind nicht bekannt. Auf dem Weltraumbahnhof Baikonur war Mescherins Ensemble Dauergast. Bis 1990 schuf Mescherin Hunderte von Musikstücken für Radio und Fernsehen. Mescherin musste jedoch erfinderisch sein. Elektronische Musik schien den Regierenden in der USSR ideologisch unbedenklich. So wurde sie verhältnismäßig wenig gegängelt, genoss allerdings auch keine spezielle Förderung. Deshalb entwickelte und baute Mescherin viele elektronische Instrumente selbst.
Der Blick in die Zukunft prägte auch in den Siebzigern die russische Kunst - sowohl im Film, als auch in der Musik. Gerade die staatliche Kunst ließ sich von den Erfolgen der sowjetischen Raumflotte bei der Eroberung des Weltalls inspirieren. Es entstanden bemerkenswerte Science-Fiction-Filme mit phantastischen Soundtracks, die Easy Listening, Electronic Psychedelica und Beatmusik collagierten. Leider ist diese Musik kaum noch in hörbarer Qualität zu finden.
Diese vergangene Klangwelt bildet eine große Inspirationsquelle für eine neue Generation russischer Elektronik-Künstler. Ein ebenso ironischer wie verklärter Blick zurück in die sowjetische Kindheit wird mit der Sample- und Crossover-Technik der Neuzeit gepaart und zu surrealen Collagen geschichtet. Wie Sputniks kreisen die Musiker auf Café Sputnik um die Erde und assimilieren Anregungen aus aller Welt. Igor Vdovin schickt russische Seeleute nach Brasilien und schießt gar eine Zigeunerkapelle in den Weltraum. Dima Vikhornov und Snegopady zeigen, wie russische Folklore klingen würde, würde sie von Marsmännchen interpretiert. Und immer wieder nehmen die Antennen des Sputniks Fragmente aus nostalgischen Filmen und dem klassischen russischen Erbe auf. Die Veteranen DJs Krugozory (66 und 67 Jahre alt) lassen pathetische Heldenmärsche auf Kinderabzählreime prallen und verfeinern die Mischung mit leichtem Sowjet-Jazz. Messer Chups geben Tschaikowskis Nussknacker in die Hände von Aliens, die ihn geradezu wissenschaftlich sezieren und nicht ganz originalgetreu wieder zusammenbauen.
Diese hochindividuelle Musik zwischen Lounge, Easy Listening und radikalem Experiment wird vor allem bei den Moskauer Labels Snegiri bzw. deren Sublabel Legkie und Solnze Records kultiviert. Die Kreativität dieser Szene wird immer mehr geschätzt. Igor Vdovin etwa wurde jüngst vom russischen Superstar Zemfira als Produzent verpflichtet. Und auch "im Westen" sind Bands wie Messer für Frau Müller und Messer Chups inzwischen ein Begriff. Diese Mischung aus alt und neu, geheimnisvollem Osten und modernem Europa strahlt eine einmalige Faszination aus. Diese Kompilation zeigt eine etwas andere Seite der aktuellen Musik in Russland. Willkommen im Café Sputnik! Einsteigen, entdecken und genießen!